Nocturnal Culture Night (07.-09.09.18, Deutzen) – Tag 2

Nocturnal Culture Night (07.-09.09.18, Deutzen) – Tag 2

Samstag, 08.09.2018: Tag eins der Nocturnal Culture Night war vorüber, mehrere Tassen Kaffee retteten den Morgen in Großpösna. Ein Prosecco konnte auch nicht schaden, dann ging es putzmunter und gut gelaunt, aber mit etwas Verzögerung wieder Richtung Deutzen.

Schwupp, durchs Einlasszelt und flott zu Box and the Twins, die für uns der Opener des Festivaltages waren. Für Fans von Synthwave und Post Punk sind die Kölner ein Geheimtipp, so spielten sie im vergangenen Jahr schon im Vorprogramm von Lebanon Hanover. Ziemlich düster und verträumt ist die Musik, die da geboten wird, während Sängerin Box ihr bestes gibt. Immer wieder wirft sich die studierte Psychologin auf den Bühnenboden und wirbelt imposant mit den Händen umher. Kann man gut finden, kann man aber auch wie so einige im Publikum eher skeptisch betrachten.

Frankfurt kann nur Finanzen und Wolkenkratzer? Weit gefehlt, denn Frankfurt kann auch Fïx8:Sëd8, ein ziemlich fettes Dark Electro Projekt. Was der Typ da auf der Bühne in dem merkwürdigen weißen  Anzug macht, bedarf noch einer Erklärung, ungeklärt blieb aber die Frage nach dem Partypotenzial und dem Level der Abreagierungsmöglichkeit: beides sehr hoch. Wenn man Skinny Puppy und die alten Tracks von Suicide Commando in einen Mixer kippen würde, hätte man vermutlich einen Teil der Song-DNA von Fïx8:Sëd8 herausgefiltert, ganz einordnen kann man das Projekt nicht. Muss man auch nicht, gut finden reicht.

Noch ein bisschen aggressiv aufgeladen von der vorherigen Band, führte der Fahrplan des Samstags zu FAID, von denen noch keiner so richtig etwas gehört hatte. Als eine positive Überraschung stellte sich dann das heraus, was da von der Amphibühne schallte. Wer Hurts und Artverwandtes mag, sollte sich die Berliner Band unbedingt einmal anhören. Melancholisch-sanft, ein Hauch Synth Pop, ein bisschen Indie und ganz viel Coolness, ist das, was das Trio ausmacht. Half auch durchaus beim Ohren entspannen und wieder runter kommen vom vorher gehörten.

Natürlich braucht man während so eines Festivals auch eine Pause, die fand während des Auftritts von The House of Usher statt, die nur als Hintergrundmusik wahrgenommen wurde. Kurz vor Beginn war noch anzuzweifeln, ob die Band wirklich Publikum ziehen würde, die Sorge bestätigte sich aber nicht und so spielten die Goth Rocker vor vollem Haus auf der Weidenbogenbühne.

Was dann folgte, waren drei der Hauptgründe das NCN in diesem Jahr zu besuchen: Agent Side Grinder, S.P.O.C.K und Henric de la Cour. Schwedenpower stand also für den weiteren Verlauf des Tages an und ein bisschen diebische Vorfreude auf das, was noch kommen sollte. Den Anfang machten Agent Side Grinder kurz nach 18.30 Uhr auf der Parkbühne. Mit neuem Sänger im Gepäck, der an diesem Samstag seinen zweiten Live-Auftritt mit der Band hatte, lockte die Band mit hypnotischen Melodien und einer Sammlung an Vintage-Synthesizers die Zuschauer von anderen Bühnen an und so wurde es am frühen Abend wirklich eng und kuschelig.Wo auch immer der Ersteller des Infotextes im Festivalbeiheft Industrial bei dieser schwedischen Formation gesehen hat, es gab keinen. Wohl auch zur Freude des Publikums, denn Industrialklänge hätten bei der Mischung aus Wave und düsterem Electro auch nur gestört. Es bleibt anzumerken, dass der neue Sänger Emanuel eine sehr solide Performance auf die Bühne brachte, jedoch mit seiner Art nicht an seinen Vorgänger herankommt. Man kann eben nicht immer seinen Sänger tauschen und alle damit glücklich machen.

Schwedenspaß die Zweite mit Star Pilot on Channel K auf der Amphibühne folgte. Ein gut gelaunter Android eröffnete den Konzertabend, seine Kollegen standen in puncto guter Laune in nichts nach. Das Publikum war mehr als aufgewärmt, man konnte goldene gefüllte Ballons im Bereich vor der Bühne sehen. S.P.O.C.K-Fans sind eben immer auf einen Auftritt ihrer musikalischen Helden kreativ vorbereitet. So gab es neben der Electroswing-Version von „Never Trust A Klingon“ und Android im weißen Fummel und Anstandsjackett, auch zahlreiche blaue und gelbe Ballons zu sehen. Von einem Genrewechsel kann man halten, was man möchte, unterhaltsam war es auf jeden Fall. Vielleicht hätte es nur ein Song in neuem Gewand auch getan, vielleicht sollte man solchen Aktionen auch einfach offener gegenüber stehen. Das Trio hat die Amphibühne auf jeden Fall zum Kochen gebracht und den Gute-Laune-Pegel weit nach oben getrieben.

Spaß hatten wir jetzt genug, zurück zur düsteren Seite von Schweden mit Henric de la Cour. Selbiger hatte in diesem Monat auch ein freudiges Ereignis zu verzeichnen: Er hat geheiratet und die schwedischen Musiker von Kite haben auf seiner Hochzeit gespielt. Genug der Freude, zurück zu Henric de la Cour. Der riesige Schwede ist ein Garant für Melancholie-Pop, der eine oder andere kennt vielleicht noch sein vorheriges Projekt YVONNE mit dem er in Schweden sehr erfolgreich war. Festzustellen bleibt, dass die Zuschauer wieder kuscheln mussten, um einen Blick auf die Band erhaschen zu können. Dicht gedrängt waberte die Masse also zu Düstermusik vor sich hin, bis der Gassenhauer der Formation „Dracula“ ertönte und alle auf einmal wach wurden und mitsingen konnten. Wie immer war die Spielzeit viel zu kurz, Henric de la Cour-Konzerte könnten gerne ganze  Abende füllen.

Von Schweden führte die Reise zurück nach Großbritannien und zurück auf die Amphibühne, wo der letzte Konzertpunkt des Samstags auf dem Programm stand: Peter Hook and the Light. Peter war der Gründungsmitglied und Bassist der Band Joy Division und gründete nach dem Selbstmord von Ian Curtis gemeinsam mit Bernard Summer und Stephen Morris die Formation New Order. Kennt man. Also beides. 2010 rief Hook dann die Band The Light ins Leben und verhilft so Joy Division zurück auf die Bühnen. Erst einmal nicht überzeugt und auch ein wenig müde, wurde sich ein Sitzplatz gesucht und sich das ganze skeptisch angeschaut. War dann aber doch sehr in Ordnung, etwas zu gediegen für eine so späte Uhrzeit und nicht so launehebend wie Marc Almond am Vorabend, aber doch sehr berechtigt auf der Amphibühne zu spielen. So ein total gefüllter Riesenplatz sagt eben einiges über die Fanschar aus, die an diesem Samstag ziemlich glücklich nach Hause gingen. Ein Lob geht an dieser Stelle auch an den Lichttechniker, der bewiesen hat, dass Gruftikonzerte nicht immer spelunkendunkel sein müssen. Mit ein bisschen mehr Licht und gezieltem Einsatz, kann man einen großen Mehrwert zu einem Konzert beitragen. Danke dafür!

30 September 2018

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