Lordi – Der nette Diktator
Nur anderthalb Jahre nach ihrem letzten Streich „To Beast Or Not To Beast“ sind die finnischen Monster-Rocker Lordi zurück, um die Welt das Fürchten zu lehren. „Scare Force One“ heißt der aktuelle Streich, der einige Neuerungen aufweist.
„Ich bin sehr neugierig, was die Die-Hard-Fans von Lordi denken werden und ob sie einen Unterschied hören“, zeigt sich Frontsänger Mr. Lordi im telefonischen Interview gespannt. Über die Änderungen verrät er: „Es ist das erste Mal, dass wir keine Loops oder Computer-generierte Synthesizer verwendet haben. Außerdem haben wir mit einem Produzenten gearbeitet (Mikko Karmila – Anm. d. A.), der für einen modernen finnischen Metal-Sound steht. Im Vergleich zu unseren letzten Alben, die wir mit Michael Wagener produziert haben und die sich eher am 80s- und Hair-Metal orientieren, klingt die Scheibe ganz anders.“ Außerdem haben Lordi ihre Drei-Minuten-Regel fallen gelassen. „In der Vergangenheit habe ich immer gesagt, wenn ein Song in drei Minuten nicht das ausdrücken kann, was wir sagen wollen, hat er keine Berechtigung“, so der Sänger. „Diesmal dagegen gibt es viele längere Instrumentalpassagen. Wir nennen sie liebevoll Iron-Maiden-Arrangements.“
Zudem hat Mr. Lordi seinen Mitmusikern mehr Freiheiten gelassen. „Ich saß nicht mehr beim Einspielen jeder einzelnen Note im Studio, um dem Produzenten über die Schulter zu schauen“, sagt er. „In der Vergangenheit war ich bei jedem einzelnen Snareschlag vor Ort.“ Ein echter Control-Freak also? „Da müsstest du den Rest der Band fragen“, lacht Mr. Lordi. „Wenn dann bin ich zumindest ein netter Diktator, der es jedem selbst überlässt, wie er unsere Songs spielt. Schließlich ist es auch die Band meiner Mitmusiker. Aber ich hatte in der Vergangenheit immer zu jeder Kleinigkeit eine Meinung und sagte sie normalerweise, bevor ich überhaupt gefragt wurde (lacht). Daher habe ich mich dieses Mal etwas zurückgenommen.“
Nicht geändert hat sich jedoch das Monster-Image der Formation, die nach wie vor großen Wert darauf legt, nie ohne Masken abgebildet zu werden. Dass die Regenbogenpresse in der Vergangenheit schon öfter scharf auf Privatfotos war, stößt beim Sänger auf Unverständnis. „Natürlich nervt das“, echauffiert er sich. „Es ist, als wenn der Weihnachtsmann kommt und dann reißt ihm jemand den Bart herunter und sagt, ‚Seht her, das ist gar nicht der echte Weihnachtsmann!’. Ich habe keine Ahnung, weshalb es manchen Menschen so wichtig ist, das Glück anderer zu ruinieren. Wir tun ja niemandem weh.“ Der größte Sturm sei 2006 nach dem Gewinn des Eurovision-Songcontests über die Band hereingebrochen. „Das war verrückt und lächerlich. Sie machten sogar Bilder von meinen Hunden, weil sie mich nicht erwischten“, so der Sänger, der nicht nur das Image der Band, sondern auch sein Privatleben schützen will. „Wenn ich beispielsweise Zeit mit Udo Dirkschneider – einem meiner großen Idole und mittlerweile einem guten Freund – verbringe, gibt es keine einzige Minute, in der er nicht erkannt wird, da sein Gesicht so bekannt ist“, erzählt er. „Ständig klopfen ihm Leute auf die Schultern oder wollen ein gemeinsames Foto oder Autogramm. Ich dagegen werde nie angesprochen. Wenn ich das so sehe, möchte ich nie im Leben tauschen, denn ich schätze es, dass ich in den Supermarkt gehen kann, ohne dass mich jemand erkennt. So kann ich tun, was immer ich möchte.“
Sascha Blach
www.lordi.fi
7 November 2014 Sascha Blach