Unzucht – Scheinbare Widersprüchlichkeit
Die Dark-Rocker Unzucht stehen mit ihrem dritten Studio-Album, „Venus Luzifer“, im Produktionsfinale und können es kaum erwarten, das gute Stück der Welt zu präsentieren. Ob sie es mit ihm wohl wieder in die deutschen Albumcharts schaffen, so wie mit dem Vorgänger „Rosenkreuzer“ (2013)? Wir horchten bei Sänger Der Schulz und Gitarrist De Clercq nach.
„Es wäre natürlich schön, nochmals eine ähnliche oder bessere Chartplatzierung zu erreichen, aber wir haben uns mit dem November einen schweren Monat ausgesucht, weil in der Zeit auch alle großen Acts ihre Alben veröffentlichen“, bemerkt Der Schulz. „Doch wichtiger als die Charts ist es uns, das Album so schnell wie möglich bei den Fans zu haben.“ De Clercq kann ihm nur zustimmen. Man solle sich bloß nicht unter Druck setzen lassen. „Das geht am besten, indem man sich stumpf auf seinen eigenen Weg konzentriert. Wir marschieren einfach geradeaus und alles, was sich uns in den Weg stellt, wird überrollt.“ Klare Worte des Gitarristen, der sich viel ums Songwriting kümmert. „Ich komponiere die meisten Songs zuhause im Monsterfreilaufgehege, aber inspirieren lasse ich mich von allem und jedem. Häufig springen mir Ideen, Melodien oder auch Textpassagen unterwegs in den Kopf. Manchmal werde ich auch nachts wach und brabbel wilde Strukturen oder Riffs auf mein Handy.“ Seine Ideen stellt er dann den anderen vor, die sich zeitgleich auch kreativ betätigen. Mit dem Songwriting fürs neue Album begann das Quartett, zu dem noch Bassist Blaschke und Drummer Fuhrmann gehören, Ende Februar. „Wir wollten die Dunkelheit dunkler, die Härte härter, die Schönheit schöner und den Wahnsinn noch durchgekrachter machen“, so Der Schulz über die Zielsetzung. „Wir finden, es ist uns gelungen.“
Und das alles unter dem Titel „Venus Luzifer“, dessen scheinbare Widersprüchlichkeit der Band gut gefällt. „Für mich geht es vor allem um diese Dualität, die in jeden von uns steckt“, erklärt Der Schulz. „Weder Luzifer noch Venus sind rein gut oder rein böse, genau wie wir.“ Und wie schaut es mit den Texten aus? „Diese gehen mehr um das irdische Dasein und das Ende des selbigen und wie wir damit umgehen“, so der Sänger, der sich privat sehr für Geschichte und Mythologie interessiert. „Als im katholischen Umfeld aufgewachsener Mensch fasziniert mich, die Grenzen zwischen Glaube und Aberglaube zu ergründen und das gängige Wertesystem kritisch zu hinterfragen.“ Viel Zeit dazu hatte er etwa im Frühjahr, als er den Jakobsweg bezwang. „Ich habe während der knapp sechswöchigen Wanderung aus den Arbeitstexten fertige Lyrics geschrieben und mir Gedanken zu den Gesangslinien gemacht. Dabei sind viele Eindrücke dieser überwältigenden Reise in die Texte und Melodien eingeflossen.“ Die Melodiebögen seien groß und weit – so wie die Landschaft Nordspaniens. De Clercq, der nicht mal mehr weiß, was Urlaub ist, hat eine andere Herangehensweise: „Ich versuche meistens, meine verstörten und kranken Bilder irgendwie in Worte zu fassen. Was dabei rauskommt, hört ihr dann auf der neuen Scheibe“ – bei deren Aufnahme im Übrigen viel „Kaffee, Zigaretten, Bier, Jack und Gorgonzolagarnelen an Steckrübensorbeet“ im Spiel war. Man darf auf die elf neuen Songs also durchaus gespannt sein.
Lea Sommerhäuser
www.unzucht-music.com
7 November 2014 Sascha Blach