20. Tuska Open Air Metal Festival (30.06.2017, Helsinki, Suvilahti) – Tag 1
In diesem Sommer feierte das Tuska Open Air in Helsinki sein 20-jähriges Jubiläum. Wie gewohnt fand das dreitägige Metal-Festival im Industriegebiet von Suvilahti statt und zählte diesmal – so die Veranstalter – rund 37.000 Metal-Fans an allen drei Festivaltagen. Vier Bühnen, rund 50 Bands – darunter HIM, Mastodon und Sabaton. Dank der guten Organisation kam es zu keinerlei nennenswerten zeitlichen Verzögerungen im Programmablauf.
Bereits am Festivalvortag fand in den Clubs Tavastia & Semifinal in der finnischen Hauptstadt die Auftaktshow „Heatseeker“ statt. Hier schlugen die Bands Man With A Mission aus Japan, Arion sowie Psychework auf. Das eigentliche Festival öffnete einen Tag später, am 30. Juni 2017 Punkt 13 Uhr, seine Tore und die Erstankömmlinge strömten nach einer kleinen Sicherheitskontrolle auf das Festivalgelände.
Wie schon im Vorjahr gab es wieder vier Bühnen – die Radio Rock Main Stage, die Väkevä Tent Stage, die indoor-gelegene Inferno Stage und die kleine – ebenfalls indoor-gelegene – Solmusali Stage. Das Wetter zeigte sich an jenem Tag gnädig. Zwar war es etwas bewölkt und kräftige Windböen wirbelten immer wieder Staub auf, doch es blieb trocken. Um 14 Uhr hatten Rotten Sound die Ehre, unter dem Zeltdach das Tuska Open Air musikalisch zu eröffnen – und zwar mit ziemlich heftigem Grindcore/Death Metal. Trotz der „frühen“ Stunde hatten sich schon zahlreiche Besucher vor der Tent Stage versammelt und hielten tapfer den wachmachenden Growls der Finnen stand.
Etwas „entspannter“ ging es gut 15 Minuten später auf der Inferno Stage zur Sache, wo Huora ihr Publikum mit flottem „Gagball-Kyrpämetal“ versorgten. Im Mittelpunkt: ihre blonde, tätowierte Sängerin in roten Adidas-Shorts und mit Sonnenbrille auf der Nase, die sich einige Songs später das Shirt auszog und im Bikini-Oberteil weiterrockte. Auf der Main Stage ging das Programm mit Brother Firetribe los, einer keyboardlastigen Heavy-Rock-Band, in der Emppu Vuorinen von Nightwish in die Gitarrensaiten haut. Der klare Gesang von Frontmann Pekka Ansio Heino und die eingängigen Melodien von Songs wie „Help Is On The Way“ und „Indelible Heroes“ kamen beim Publikum gut an.
Finnischen Punk Metal gab es gegen 15:15 Uhr indoor auf die Ohren, denn Kohti Tuhoa nahmen die Inferno Stage in Beschlag. Melodisch ging es hier nicht gerade zu, und die blonde Frontfrau Helena wusste ganz gut ins Mikrofon zu schreien. Dementsprechend wurde – zumindest in der ersten Reihe – ordentlich gebangt. Warmen, melodischen und teils sehr hohen Gesang bot derweil Anneke van Giersbergen, die mit ihren Live-Musikern unter dem Namen Vuur zahlreiche Festival-Besucher unter das Zeltdach der Tent Stage lockte. In Highheels griff die Niederländerin auch selbst hin und wieder in die Gitarrensaiten und gab nicht nur frische Songs aus ihrem Repertoire zum Besten, sondern etwa auch von der Band The Gathering, bei der sie bis 2007 am Mikrofon stand.
Wer sich zurück in die Halle wagte, bekam die Hardcore-Klänge von Ratface zu hören. Die fünf finnischen Musiker mit Kappe bzw. Stirntüchern und Kutten bekleidet, stürmten über die Inferno Stage und animierten ihr Publikum zu einem kleinen Moshpit. Nicht weniger hart, aber um einiges melodischer gestaltete sich der Sound von Wintersun auf der Main Stage. Ein riesiges Banner verriet schon von weitem, wessen Haare über die Hauptbühne des Tuska-Festivals wirbelten. Besonders die des blonden Frontmanns Jari Mäenpää, der sich fortan nur noch auf den Gesang konzentrieren will und wirklich bei keinem einzigen Song ein Gitarrensolo beisteuerte – wie man es eigentlich von ihm gewohnt ist. Aber gut, die Band hat ja auch noch Teemu Mäntysaari, den man an den übrigen Festivaltagen ebenfalls hin und wieder auf dem Tuska-Gelände entdeckte. An Songs präsentierten Wintersun u.a. „Winter Madness“, bei dem sich sogleich ein Circle Pit bildete, wie auch „Starchild“, bei dem die Zuschauer die Fäuste gen Bühne streckten. Auch „Sons Of Winter And Stars“ kam an jenem Nachmittag nicht zu kurz.
Indoor wurde es um 17:15 Uhr Zeit für Baptism. Am Logo konnte man bereits erkennen, dass hier nun Black Metal an der Reihe war. Das Schummerlicht, Nebelschwaden und chorale Klänge zu Beginn sorgten direkt für die passende Atmosphäre. Die Musiker – in Lederkluft, mit schwarz-weiß geschminkten Gesichtern und umgedrehten Kreuz um den Hals – trugen ihr Übriges dazu bei. Blastbeats von der Bühne, Devil Horns im Publikum. Hier gab es nichts zum Lachen wie zuvor beim gutgelaunten Sänger von Wintersun. Die Tent Stage wurde derweil von Brujeria mit ihren zwei Sängern in Beschlag genommen, die eigens aus Amerika angereist waren, um das Suvilahti-Gelände mit ihrem Grindcore/Death Metal zu beschallen. Die Musiker sahen dabei wie „Banditen aus dem Wilden Westen“ aus, denn sie hatten sich Tücher über Nase und Mund gezogen und machten während ihres Auftritts unmissverständlich klar, dass sie keine Freunde von Donald Trump sind.
Auf der Main Stage ging das Programm mit Suicidal Tendencies weiter, deren Auftritt mit Circle Pits belohnt wurde, während auf der Inferno-Bühne der „Tamperianer“ Pekko Käppi mit seinen beiden Mitmusikern sehr eigenwillige Rock-Klänge darbot. Mal was ganz anderes, eher ruhiges mit ungewöhnlichen Instrumenten, die der Marke „Eigenbau“ entstammen könnten. Eines der Highlights des ersten Festivaltages stellte jedoch der Auftritt der Melodic-Death-Metaller Insomnium dar, die Punkt 19:25 Uhr die Tent Stage eroberten und ihren neuen, rund 40-minütigen Track „Winter’s Gate“ darboten, der auf einer Kurzgeschichte von Sänger und Bassist Niilo Sevänen basiert. Der lange Song, der neben Death Metal auch Black-Metal-Elemente und Doom-Parts beinhaltet, wurde von den Fans frenetisch gefeiert, so flogen nicht nur auf der Bühne die langen Haare der Musiker. Während Gitarrist Ville Friman den Frontmann hin und wieder gesanglich unterstützte, gab Gitarrist Markus Vanhala seine markanten Gitarrensoli zum Besten. Und im Anschluss an „Winter’s Gate“ durfte sich das volle Zelt auch noch über die Songs „Change Of Heart“, „Mortal Share“, „Ephemeral“ und „While We Sleep“ freuen. Gänsehaut!
Etwas schwarzmetallischere-Klänge offerierten Barathrum aus Hellsinki zur gleichen Zeit auf der Inferno Stage und im Anschluss an Insomnium gaben sich Devin Townsend Project auf der Main Stage die Ehre. Die Musiker durften sich über den Gastauftritt von Anneke van Giersbergen freuen – wie etwa beim Song „Rejoice“. Übrigens hatte die niederländische Sängerin noch einen dritten Auftritt – und zwar von 18:30 bis 19 Uhr im Solmusali. Weitere Bands des ersten Tuska-Tages: Trap Them auf der Inferno Stage und Mayhem auf der Tent Stage. Letztere Formation aus Norwegen lockte sämtliche Black-Metal-Fans unter das Zeltdach. Düsteres, blaues Licht, viel Nebel, Blastbeats und die Musiker in schwarzen Kutten mit Kapuzen – vom krächzenden schwarzmetallischen Gesang hörte man zunächst nichts. Doch zum Glück war schnell ein Techniker parat und konnte das Sound-Problem lösen, so dass Mayhem fortan eine gute Stunde ihre Fans mit düstersten Klängen versorgten.
Dagegen wirkten Sabaton, die Headliner des ersten Festivaltages, mit ihrer Musik richtig „fröhlich“ – und das trotz geschichtlichem Hintergrund. Wie schon zwei Jahre zuvor auf dem Tuska trugen die Schweden ganz schön dick auf. Das Schlagzeug ward auf einem fetten Panzerwagen positioniert. Im Hintergrund wurden während der Show auf einer großen Leinwand immer wieder passende Videosequenzen eingespielt. Und natürlich hatten Sabaton das gewohnte „Feuerwerk“ dabei. Frontmann und Sänger Joakim Brodén – mit Sonnenbrille auf der Nase – richtete zwischendurch immer wieder das Wort an die Menge und verbreitete gute Laune. Die eingängigen Nummern der schwedischen Metal-Band, z.B. „Ghost Division“, „The Art Of War“, „Attero Dominatus“ und „Carolus Rex“, wurden mit viel Applaus belohnt. Ein gelungener Abschluss für den ersten Tuska-Tag!
Text: Lea Sommerhäuser
Fotos: © Tuska / Official Press Photos / www.tuska-festival.fi
9 July 2017 Dark Aurora