Eisbrecher/Unzucht/One I Cinema (12.03.2016, Köln, Palladium)
Volle Kraft voraus: Was in Leipzig einen erfolgreichen Auftakt erlebte, wurde einen Tag später – am 12. März 2016 – im Kölner Palladium nicht weniger erfolgreich fortgesetzt. Die Rede ist von der aktuellen gemeinsamen Tour der Bands Eisbrecher, Unzucht und One I Cinema. Insgesamt 5.000 Fans sollen die ersten beiden Events besucht haben – eingerahmt von der bislang wohl aufwändigsten Eisbrecher-Bühnenproduktion und bespickt mit vielen kleinen Details und Show-Elementen.
Das Warm-up übernahmen die Osnabrücker Jungs One I Cinema mit treibenden Alternative-Rock-Klängen, englischen Textzeilen mitunter über menschliche Emotionen sowie der angenehm warmen Stimme von Sänger Marco Meyer. Allerdings musste sich das Quartett mit spärlichem Licht auf der benebelten Bühne begnügen, was aber eigentlich auch ganz gut zum düsteren Sound passte. Um nicht viel Zeit zu verlieren, hielt Marco die Ansprachen zwischen den Songs kurz und stellte sich und seine Jungs beispielsweise nur in einem knappen Satz vor.
Gebunden ans Mikrofon – zumal er gleichzeitig die Gitarre bediente – konnte Marco nicht viel über die Bühne wandern – aber auch seine Saitenkollegen Hannes Kelch (Gitarre) und Ilja John Lappin (Bass) bewegten sich kaum von ihren Plätzen. Allerdings schüttelte der Gitarrist immer wieder seine langen Haare, während der Bassist ein paar zusätzliche Vocals beisteuerte. Gen Ende hin performten One I Cinema u.a. die eingängige Rocknummer „Not My Fault“, zu der auch ein Musikvideo existiert.
Als nächstes waren Unzucht an der Reihe und wurden – wie im Übrigen auch schon die erste Support-Band – durch Dr. Dirty Dietz anmoderiert, der seine ehrenvolle Aufgabe recht amüsant gestaltete und das Publikum mit einigen Witzen zum Lachen brachte. Mittlerweile hatte sich die Halle bis in die hintersten Ecken und ebenso auf den „Balkonen“ mit Menschen gefüllt, die das Dark-Rock-Quartett – bestehend aus Frontmann und Sänger Daniel Schulz aka Der Schulz, Gitarrist und Elektronik-Mann Daniel De Clercq, Bassist Alex Blaschke und Schlagzeuger Toby Fuhrmann – herzlichst in Empfang nahmen. Vonseiten der Band gab es im Gegenzug viel Blastbeat-Gewitter im Flackerlicht.
Tatsächlich zeigten sich die vier Jungs an jenem Abend bissiger denn je – was mitunter wohl ihrer neuen Single „Kettenhund“ geschuldet ist. Diese bietet einen kleinen Vorgeschmack aufs neue Album „Neuntöter“, welches laut Band noch dieses Jahr erscheinen soll. Aber auch der Song „Deine Zeit läuft ab“, bei dem sich Blaschke und De Clercq einen kleinen Battle lieferten, das balladeske „Schweigen“ sowie „Seelenblind“ kamen nicht zu kurz – wobei letzterer Track ohne Gitarre auskommen musste. Doch die Band ließ sich durch De Clercqs unerwarteten Ausfall nicht aus der Ruhe bringen und performte souverän weiter, bis eine neue Gitarre herbeigeschafft war. Das Publikum zeigte sich vom Auftritt der Dark-Rocker begeistert – es wurde geklatscht und gehüpft, so dass Der Schulz beim Kracher „Unzucht“ den Sprung in die Menge wagte, um ein wenig zu crowdsurfen. De Clercq hielt das ganze Spektakel per Video fest.
Eisbrecher waren schließlich gegen 21.15 Uhr an der Reihe. Ihre aufwändige Bühnedeko kam zum Vorschein, als das riesige Unzucht-Banner abgenommen wurde. Auf einmal tauchten Gerüste bzw. Podeste in Form von Schiffsbugen auf – inklusive Bullaugen, die während des Konzertes immer wieder aufleuchteten. Auf dem mittleren „Schiffsbug“ hatte man das Schlagzeug platziert – im vorderen Bereich der Bühne wurde indes ein schwarzes Pult aufgestellt, an dem wenig später Frontmann und Sänger Alexander „Alexx“ Wesselsky stehen sollte.
Doch erst gab es wieder ein paar amüsante Worte von Dr. Dirty Dietz, ehe das tiefe Brummen einen Schiffshorns erklang. Dann betraten nach und nach die Musiker von Eisbrecher – schick in Anzügen gekleidet – die in kaltes Licht getauchte Bühne samt Podesten und legten mit „Verrückt“ los. Alexx kam als letztes dazu und warf fleißig mit Papiergeld um sich – auch vom „Steg“ aus, der ein wenig in die Menge ragte und später auch von den anderen Musikern hin und wieder in Beschlag genommen wurde. Das Pult wurde indes nach dem zweiten Song „Willkommen im Nichts“ beiseite geräumt und Alexx hielt eine kleine Anekdote über die Brille auf seiner Nase. Er habe mittlerweile sein Selbstvertrauen gestärkt und würde sich auch mit jener Brille auf die Bühne wagen. Den folgenden Song „Augen unter Null“ widmete er folglich seinem Optiker, ehe mit „Fehler machen Leute“ ein Song vom aktuellen Album „Schock“ präsentiert wurde.
Immer wieder richtete Alexx zwischen den Songs das Wort an die Menge – nicht weniger humorvoll als Dr. Dirty Dietz. Köln sei ja zuletzt stark in die Schlagzeilen geraten, so der Sänger. Er spielte damit auf die Geschehnisse am Hauptbahnhof in der Silvesternacht an. Nichtsdestotrotz bliebe Köln „eine schöne Stadt, die auch ein paar Irre hat“, reimte er, um nur kurz darauf bei „Mein Blut“ den Prediger zu mimen. Dabei wurde er von zwei „Messdienern“ auf der in rotes Scheinwerferlicht getauchten Bühne beehrt. Auch nicht fehlen durfte der Song „Amok“, bei dem die Eisbrecher-Musiker auf Blechtrommeln einprügelten, der knackige „Prototyp“ sowie die neue Nummer „Himmel, Arsch & Zwirn“ – inklusive Jodel-Einlage von Alexx.
Etwas ganz Besonderes bot die NDH-Band mit der Performance ihrer frisch gepressten Single „Wir sind Gold“, die übrigens jeder Konzertbesucher bei Einlass kostenlos in die Hand gedrückt bekam. Der Hintergrund: Eisbrecher haben mit „Die Hölle muss warten“ Goldstatus erlangt und wollten ihren Fans mit dem neuen, exklusiven Song einfach nur „danke“ sagen. Bei dessen Performance gab es dann passenderweise einen Goldregen auf der Bühne, sodass Eisbrechers Crew danach ordentlich zu fegen hatte. Ein ähnliches Szenario konnten die Zuschauer beim Song „Eiszeit“ beobachten – allerdings durfte die Crew hier keine Goldschnipsel, sondern „Schneeflocken“ beiseite kehren. Beendet wurde der Auftritt mit dem Klassiker „Miststück“, wobei die Zugabe-Rufe erst mit leichter Verzögerung einsetzten.
Doch selbstverständlich sollte das Kölner Publikum noch in den Genuss von vier weiteren Songs kommen, darunter beispielsweise „Vergissmeinnicht“ und „This is Deutsch“, bei dem sich Alexx einen Jägerhut aufsetzen ließ und zur Mundharmonika griff. Nach „Ohne dich“ war aber dann endgültig Schluss und die Zuschauer machten sich auf den Heimweg oder wagten einen kurzen Abstecher zum Merchandise, wo etwa die Jungs der Unzucht noch mit ihren Anhängern quatschten und Fotos machen.
Text: Lea Sommerhäuser
Fotos (Show Leipzig): Alexander Jung / Talecs Konzertfotografie
Nachfolgend findet Ihr von unserem Fotografen Sandro Griesbach noch zwei Bildgalerien von dem Gig in Frankfurt(M).
Unzucht: Hier
Eisbrecher: Hier
17 March 2016 Dark Aurora