Paganfest (21.03.2015, Oberhausen, Turbinenhalle)
Mit acht Bands stand den Besuchern des Paganfests in Oberhausen (Extended Show) ein langer Konzertnachmittag bzw. -abend bevor. Bereits kurz nach 15 Uhr ging es in der Turbinenhalle mit Frosttide aus Finnland los. Und schon zu jenem Zeitpunkt war der Saal gut gefüllt, wenn auch die Menge anfangs noch ein wenig steif wirkte, als die fünf langhaarigen Finnen ihren epischen, keyboardlastigen Dark-/Folk-Metal präsentierten. Dabei wurde auf der Bühne viel gebangt. Doch scheinbar brauchten die Metalheads im Saal – teils mit Fellen bekleidet und mit Trinkhörnern bewaffnet – eine gewisse Warmlaufzeit oder man wollte nicht von Beginn an sämtliche Energie verpfeffern. Immerhin brachten sie den Nordmännern nach jedem Song einen grölenden Applaus entgegen und zeigten brav die „Devil Horns“, als Frosttide noch ein Foto für Facebook machen wollten.
Als zweite Band enterten Obscurity die Bühne – und mit einem Mal schien das Publikum hellwach und motiviert, ein bisschen die Fäuste zu heben. Schließlich dröhnte ihm von der Bühne düsterster Death-/Viking-Metal entgegen und die fünf mutigen Krieger – Growler Agalaz, Basser Ziu, Drummer Arganar sowie die Gitarristen Cortez und Dornaz – gönnten sich und den Zuschauern kaum eine Verschnaufpause. Sie besangen das „Schicksal der Götter“, wagten sich auf’s Totenschiff „Naglfar“, ritten nach Asgard und schwangen den „Bergischen Hammer“. Getrieben von Blasbeats und Strobolights bildete sich in der Menge der erste kleine Moshpit. „Danke Oberhausen, es war uns eine Ehre!“, verkündete der Frontmann schließlich und wagte zum Ende hin einen Sprung in den Fotograben, um mit der ersten Reihe auf Tuchfühlung zu gehen.
Nicht weniger düster gestaltete sich der folgende Auftritt der Black-Forest-Metaller Finsterforst, die zu siebt die Bühne unsicher machten. Dabei schienen die Musiker tatsächlich irgendwo aus dem tiefsten Unterholz zu kommen, waren doch ihre Kleidung und Gesichter mit Dreck und Lehm beschmiert, als hätten sie sich tagelang nicht gewaschen. Musikalisch präsentierten die Waldmänner Songs wie „Lauf der Welt“, das Volkslied „Vogelhochzeit“ in einer „etwas härteren“ Version sowie den Titeltrack ihrer aktuellen Platte „Mach dich frei!“. Bei letzterer Performance gab’s in der Menge, obgleich es nicht unbedingt der krachendste Song von Finsterforst ist, eine Wall Of Death, was den Sänger sichtlich freute: „Ihr seid geil, Oberhausen!“
Danach wurde es Zeit für die Superhelden Grailknights – ein ganz spezieller Haufen, den man entweder mag oder nicht. In Oberhausen schienen die in bunte Umhänge gehüllten Musiker aus Hannover aber gut anzukommen. Immerhin boten sie während ihres knapp 40-minütigen Auftritts reichlich Entertainment. So galt es für sie in jener kurzen Zeit dem sogenannten „Dr. Skull“ – einer Person im Skelett-Kostüm – den „heiligen Gral“ abzuluchsen, was später auch im Rahmen eines kleinen „Schwertkampfs“ gelang. Musikalisch betörten die „Ritter des heiligen Grals“ die Halle mit melodischen Power-Metal-Klängen und konnten auf chorale Unterstützung des Publikums vertrauen.
Heidevolk wurden durch ein großes Banner sowie zwei Aufsteller angekündigt und betraten kurz vor halb sieben die in Nebelschwaden gehüllte Bühne, um ihre Fans mit frischen Pagan-Folk-Metal-Klängen zu beehren. Schließlich hatten die Niederländer erst einen Tag zuvor den Release ihres neuen Albums „Velua“ gefeiert und wollten den einen oder anderen neuen Song dem Publikum natürlich nicht vorenthalten. Generell kam der Auftritt mit der Power gleich zweier Sänger sehr gut bei der Menge an, denn es wurden die Fäuste gehoben und reichlich gemosht.
Dann standen noch die drei finnischen Hauptbands des Paganfests auf dem Programm. Den Anfang machten Turisas, die wohl mit der pompösesten Show des Abends auftrumpften. Allein ihr neues, monströses Hintergrundbanner, das Bildnisse der Musiker zeigte, war einen Extra-Applaus wert. Turisas selbst stürmten mit der gewohnten rot-schwarzen Kriegsbemalung und in Lederoutfits die mit Kerzenleuchtern dekorierte Bühne, um ihren heroischen „Battle Metal“ darzubieten. Und sogleich gab es ein paar Crowdsurfer, die das Bad in der nun wildgewordenen Zuschauermenge wagten und sich auf Händen gen Fotograben tragen ließen. Dass zwischendurch aus eben diesem ein Besucher von Rettungssanitätern abtransportiert wurde, schien kaum jemand wahrzunehmen. Die Show ging weiter und immer wieder schossen Nebelfontänen von der Bühne gen Hallendecke, so etwa beim Kracher „Battle Metal“, und plötzlich schneite es Schaumflocken von oben. Das war schon nett anzusehen, und Turisas mussten auch noch Zugaben spielen, ehe sie von den Fans „entlassen“ wurden. Interessant war hierbei das Pet-Shop-Boys-Cover „It’s A Sin“, doch ihren Ohrwurm „Rasputin“ boten die Finnen diesmal nicht dar.
Gegen 21 Uhr waren Wintersun an der Reihe – ebenfalls Finnen. Showtechnisch kamen sie zwar nicht an die Darbietung von Turisas heran, aber manchmal ist auch einfach weniger mehr, wie wir wissen. Hier schien der Fokus eher auf der Spielfertigkeit zu liegen, so dass sich Sänger und Gitarrist Jari Mäenpää sowie Gitarrist Teemu Mäntysaari immer wieder auf flotte Soli konzentrierten. Bei diesen wurden die Musiker stets vom Kegel eines gleißenden Scheinwerferstrahls erfasst, um alle Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, während ihre langen Haare von Ventilatoren nach hinten geweht wurden. Sehr episch – genauso wie ihre kühlen Metalsongs. So präsentierte das Quartett etwa „Land Of Snow And Sorrow“, das superlange „Time“ oder „Winter Madness“ vom Debütalbum. Ein insgesamt guter Mix, doch Zugaben gab es an jenem Abend keine, wenn auch die Festivalbesucher nach dem gut 70-minütigen Auftritt sicherlich noch mehr vertragen hätten.
Aber es sollte ja noch Luft für die Herren von Korpiklaani bleiben, die in Oberhausen die Ehre hatten, als Headliner die Bühne in Beschlag zu nehmen. Den Finnen wurde ein herzlicher Empfang bereitet und diese bedankten sich mit fröhlichem Humppa-Metal aus der Wildnis. Sänger Jonne, der mit seinen langen blonden Dreads über die Bühne wirbelte, strahlte über beide Ohren und man merkte ihm förmlich die Freude an, vor Live-Publikum aufzutreten. Musikalisch unterstützt wurde er von Sami am Akkordeon, Matson am Schlagzeug, Rounakari an der Violine, dem barfüßigen und bärtigen Jarkko am Bass sowie Cane an der Gitarre. Da sich das Mitsingen der finnischen Texte etwas schwierig gestaltete, konzentrierten sich die Zuschauer eher aufs Mithüpfen und Klatschen. Doch richtig aktiv zeigten sie sich nur bei den flotten Songs – schien also doch langsam etwas die Luft raus. Schließlich hatten sie schon einige Stunden in der Halle ausgehalten. Natürlich gab es zum Wohl der Gäste mehrere Getränketheken, ein rudimentäres Essensangebot und gegen Abholung eines Stempels auch „Freigang“ an die frische Luft, aber über acht Stunden Metal am Stück saugt einfach viel Energie. Nichtsdestotrotz: Das Paganfest in Oberhausen entpuppte sich als voller Erfolg!
Text & Fotos: Lea Sommerhäuser
26 March 2015 Sascha Blach