Die Kammer: Ein poetisch morbides Panoptikum
Die Kammer hat zwischen Tango, Balkanbeat, Moritat und Blues so gut wie jedem Stil einen skurril doppelbödigen Rahmen verpasst. Diese Einflüsse aus dem Background der kongenialen Zusammenarbeit Ambré und Testory schöpft aus der biographischen Vielfalt zwischen Wiener Blut und Frakreich Aufenthalt und macht das neue Werk zu einem dunklen Füllhorn der abseitigen Traumwelten in der dunklen Kammer der Kuriositäten. Manege frei für Ambré und Testory.
Ist das Album eine abgeschlossene Erzählung oder eine lose Sammlung morbider Kurzgeschichten? Was steht zuerst? Die Geschichte oder musikalische Skizzen?
Matze: Eher eine lose Sammlung. Der Entstehungsprozess variiert von Song zu Song. Manche Songs sind Einzelwerke. also entweder komplett von Max oder von mir. Andere sind zusammen entstanden und gewachsen. Und so unterscheidet sich auch das Songwriting. Bei »Auld Weeping Willow« zum Beispiel war meine erste Idee tatsächlich eine rein theoretische: Ich wollte endlich mal einen Song machen im Stile alter Schauergeschichten à la Lovecraft oder Poe. Mit der passenden, cineastisch anmutenden Musik. Bei »Gingerbread Heart« war es ähnlich. Aber zum Beispiel beim Intro »Solace in Insanity« wiederum stammen die akkordischen und emotionalen Ur-Ideen von Max, ich hab dann einfach daran weitergeschraubt bis daraus unter anderem diese erstaunliche Remineszenz zu Sophie’s Circus entstanden ist.
Max: Ich schätze, wir werden in weiterer Folge diesen Geschichten auch noch mehr virtuellen Raum geben. Ich kann mir z.B. sehr gut vorstellen die Romanvorlage zweier Songs als Fortsetzungsgeschichte online zu stellen.
Die Produktion ist unglaublich präzise und klar. Wie habt ihr das so realisiert? Wo und wie lange habt ihr am Album gearbeitet?
Matze: Die Arbeiten liefen etwa über ein halbes Jahr. Die Aufnahmen konnten wir in meinem und in Matthias Raues Studio realisieren. Gemischt wurde das Album von Patrick Damiani in den Tidalwaves Studios. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal sage, aber ich bin sehr zufirieden mit dem Sound des Albums.
Max: Ich würde sagen, Matze ist ein großartiger Produzent. Im Gegensatz zu mir hört er bei den letzten 20% nicht auf und sagt schon, dass es reicht. Es reicht ihm erst wenn 100% erreicht sind. Dass uns Patrick gemischt hat ist ein weiterer Glücksfall. Er hat uns einfach von Anfang an verstanden.
Trost im Wahnsinn – Eine Antwort auf die verstörenden Zeiten oder kreatives Minenfeld und Selbstreflexion? Wie darf man den Titel verstehen?
Matze: Alles das. Eine sehr schöne Zusammenfassung. Natürlich ist sind unsere Season-Titel in ihrer Vagheit dazu gedacht, Raum für eigene Interpretation und Deutung zu lassen.
Auf dem Album befindet sich unter anderem auch ein hübsches kleines Gedicht in deutscher Sprache, erzählt aus der Perspektive der Kammer’schen Sophie. Gesprochen übrigens von der großartigen Sabine Bohlmann. Ich denke dass dieses Gedicht den Titel etwas mehr beleuchtet, was es für uns mit diesem Titel auf sich hat. Gefangen in einer erbarmungslos rationalen Welt aus nicht enden wollender Wahrheitssuche sehnen wir uns im tiefsten nach Phantasien nach Trugbildern und Schimären, nach fiktiven Geschichten, nach Verquerem und Verrückten. Sonst würden wir das alles kaum aushalten.
Im Cover wird ja dem Kindsein ein besonderer Raum gegeben – Ist die Entdeckung der Kindlichkeit dem eigenen Kinderkriegen zu verdanken oder schon immer ein Antrieb im Schöpferischen?
Max: Das schöpferische Kind in uns, das entrückte Kind das noch Luftschlösser sehen und bauen kann. Ent-rückt oder auch Ver-rückt, wie du es auch sehen willst. Der Dachboden als RückzugsKAMMER, der geheimnisvolle Ort an dem du eine heile Welt erschaffen kannst. All das wollten wir damit einfangen, und die liebe, großartige Annie Bertram hat es wunderschön in Szene gesetzt. Thomas Klieber hat dazu das wundervolle digitale Luftschloss gebaut.
Die Tuba ist neben der markanten Stimme und dem Gitarrenspiel schon so eine Art Markenzeichen der Kammer. Ist die Zusammensetzung Eures Ensembles aus der Band Biographie gewachsen oder konsequent konstruiert?
Max: Eigentlich ist es konstruiert. Ich habe Matze zu Beginn unserer Reise um diese Besetzung gebeten, weil ich mir die Tuba sehr gut in unserer Musik vorstellen konnte… und da traf es sich gut, dass Dirk Klinkhammer und Matze gute alte Freunde sind. Diese Besetzung hat auch Tür und Tor geöffnet und allerlei bizarre Klangerzeuger in die KAMMER gelassen.
Matze: Ja in der Tat. Dirk ist ein großer Glücksfall für die Kammer. Musikalisch wie menschlich. Man würde den anderen Musikern aber Unrecht tun, wenn man ihre herausragenden Qualitäten nicht ebenso hervorheben würde. Nur hat man hat Violine, Viola und Cello, Bass und Drums vor allem in der Szene sicherlich häufiger schon gesehen und gehört. Dennoch kann man auf jeden Fall mit gutem Gewissen sagen: die ganze Kammer ist ein Glücksfall!
lassen. Auf dem Album befindet sich unter anderem auch ein hübsches kleines Gedicht in deutscher Sprache, erzählt aus der Perspektive der Kammer’schen Sophie. Gesprochen übrigens von der großartigen Sabine Bohlmann. Ich denke dass dieses Gedicht den Titel etwas mehr beleuchtet, was es für uns mit diesem Titel auf sich hat. Gefangen in einer erbarmungslos rationalen Welt aus nicht enden wollender Wahrheitssuche sehnen wir uns im tiefsten nach Phantasien nach Trugbildern und Schimären, nach fiktiven Geschichten, nach Verquerem und Verrückten. Sonst würden wir das alles kaum aushalten.
Im Cover wird ja dem Kindsein ein besonderer Raum gegeben – Ist die Entdeckung der Kindlichkeit dem eigenen Kinderkriegen zu verdanken oder schon immer ein Antrieb im Schöpferischen?
Max: Das schöpferische Kind in uns, das entrückte Kind das noch Luftschlösser sehen und bauen kann. Ent-rückt oder auch Ver-rückt, wie du es auch sehen willst. Der Dachboden als RückzugsKAMMER, der geheimnisvolle Ort an dem du eine heile Welt erschaffen kannst. All das wollten wir damit einfangen, und die liebe, großartige Annie Bertram hat es wunderschön in Szene gesetzt. Thomas Klieber hat dazu das wundervolle digitale Luftschloss gebaut.
Die Tuba ist neben der markanten Stimme und dem Gitarrenspiel schon so eine Art Markenzeichen der Kammer. Ist die Zusammensetzung Eures Ensembles aus der Band Biographie gewachsen oder konsequent konstruiert?
Max: Eigentlich ist es konstruiert. Ich habe Matze zu Beginn unserer Reise um diese Besetzung gebeten, weil ich mir die Tuba sehr gut in unserer Musik vorstellen konnte… und da traf es sich gut, dass Dirk Klinkhammer und Matze gute alte Freunde sind. Diese Besetzung hat auch Tür und Tor geöffnet und allerlei bizarre Klangerzeuger in die KAMMER gelassen.
Matze: Ja in der Tat. Dirk ist ein großer Glücksfall für die Kammer. Musikalisch wie menschlich. Man würde den anderen Musikern aber Unrecht tun, wenn man ihre herausragenden Qualitäten nicht ebenso hervorheben würde. Nur hat man hat Violine, Viola und Cello, Bass und Drums vor allem in der Szene sicherlich häufiger schon gesehen und gehört. Dennoch kann man auf jeden Fall mit gutem Gewissen sagen: die ganze Kammer ist ein Glücksfall!die ganze Kammer ist ein Glücksfall!
Ein so großes Ensemble auf Tour stelle ich mir manchmal schwer vor. Gibt es da immer wieder natürliche Grenzen oder macht ihr auch Kompromisse bei der Livebesetzung? Wie bekommt ihr Termine bei den vielen individuellen Engagements koordiniert?
Max: Es ist und bleibt der reine Wahnsinn. Seit ich die Organisation der Proben übernommen habe, habe ich schon drei Psychotherapeuten und zwei Anti-Stress-Coaches verschlissen. (lacht) Wir müssen sehr, sehr weit im Voraus planen. Teilweise bis zu einem Jahr, was natürlich auch nicht immer geht. Wir versuchen aber stets in voller Stärke und Besetzung zu spielen, außer der Rahmen verlangt nach etwas Individualismus, wie z.B bei unseren Straßen Guerilla Aktionen oder wenn Matze und ich als KAMMERminimized in einem Wohnzimmer spielen.
Habt ihr eigentlich schon eine klare Vorstellung der nächsten Seasons? / sollen es ja an der Zahl sein, oder hat sich das bereits geändert?
Max: Ha! Ich bin froh, dass ich noch gerade laufen kann und Saison III im Kasten ist! Ich habe nur soweit an Nummer 4 gedacht, als dass es wieder eine geben wird und wieder viele Geschichten erzählt werden, so wie hoffentlich noch in vielen weiteren Seasons danach!
Matze: also ich hab da jetzt schon wieder so zwei bis drei Songideen …
Wie lief eigentlich das Crowdfunding und wie kann man die Band momentan noch unterstützen? Ist Crowdfunding wirklich die große Alternative zu bindenden Verlags und Labelvorschüssen?
Matze: Man kann die Kammer am allerbesten unterstützen, wenn man direkt bei uns im Shop einkauft. Ob jetzt CDs oder Downloads spielt da keine Rolle, es bleibt halt am meisten für die Kammer, das heisst für unsere Produktionen über. So ein Album kostet immer noch verdammt viel Geld, auch mit den schärfsten Sparmaßnahmen und wenn man so viel wie möglich versucht selbst zu machen.
Die digitale Revolution hat neben ihren großen Errungenschaften leider auch viel Frustration und Resignation bei den Musikschaffenden hinterlassen. Konservierte Musik hat im rein finanziellen Sinne sehr viel an Wert verloren. Dies hat aber auch zur Konsequenz, dass vor allem kleinere Labels überhaupt nicht mehr im Stande sind, nennenswerte Vorschüsse zu zahlen. Um nicht zu sagen, das gesamte Geschäftskonzept „Plattenfirma“ ist mächtig ins Wanken geraten.
Am Ende geht es ja sowieso nur darum, wo man als Künstler das Geld herbekommt um das zu tun, was man tun möchte. Crowdfunding ist sehr im Trend und eine gute Sache. Auch wenn die Einnahmen bei weitem nicht reichen, die komplette Produktion zu finanzieren. Aber sie helfen. Ungemein!
19 January 2016 Bruno