Sariola – Ein gelebter Traum
Fantasievolle Outfits, eine starke Bühnenpräsenz und mit Klassik unterlegte, harte Riffs zeichnen Sariola aus. Die internationale Truppe um Gründer Anagnorisis und Sängerin Loreley von Rhein ist seit 2005 für ihren Extreme Dark Metal bekannt. Nach einigen Besetzungswechseln in der Vergangenheit steht die Combo mit Hauptsitz in Duisburg in den Startlöchern für neue Projekte und Touren. Gründer und Allround-Musiker Anagnorisis beantwortet Fragen zur Bandgeschichte, finnischer Mystik und der Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit eines Künstlers.
Wenn ihr eure Musik mit einem Satz erklären müsstet, was würdet ihr sagen?
Anagnorisis: „Eine bunte Mischung aus Metal, Klassik und elektronischer Musik geführt von einer einzigartigen Stimme und verstärkt durch eine originelle Live-Show.“
Als E. Konny und du die Band 2005 gegründet habt, was war für euch der ausschlaggebende Punkt? Hat euch in der Musikszene etwas gefehlt oder hattet ihr einfach Lust auf ein neues Projekt?
Anagnorisis: „2005 war ich musikalisch hauptsächlich mit Hardcore/Punk beschäftigt und hatte mit meiner Band P.A.D.L.O. bereits einige Veröffentlichungen in Russland gehabt. Ich war aber schon ziemlich lange Black- & Death-Metal-Fan und wollte mich auch musikalisch in diese Richtung bewegen. Auf einer Party lernte ich dann E. Konny kennen, der ähnliche Musik hörte, hatte aber die Idee, extreme Musik mit cleanem weiblichen Gesang zu kombinieren. Dazu kam meine Sympathie für klassische Musik, die sich durch die Musikschule (Klavier) entwickelte, und auch die für mich damals frisch entdeckten Richtungen EBM, Psytrance, Electro und Industrial. Zunächst war ich im Projekt als Keyboarder, Drummer und Produzent beteiligt. Erst nachdem wir andere Musiker gefunden hatten, wechselte ich zur Gitarre. Die ersten Jahre betrachtete ich Sariola als Side-Project.“
Welche Bands oder Musiker dienen euch als Inspiration? Bands wie Nightwish und Behemoth wären eine naheliegende Vermutung …
Anagnorisis: „Weder Nightwish noch Behemoth gehören eigentlich zu unseren musikalischen Vorbildern. Wir hören alle ziemlich unterschiedliche Musik, und Geschmacksüberschneidungen sind bei uns eher selten. Die einzige Band, die wirklich jeder von uns mag, ist Old Man’s Child. Frederic Chopin, Pyotr Tchaikovsky, Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach, die auch in unseren Kompositionen zitiert werden, sind für die Bandentwicklung von großer Bedeutung. Hocico und Amduscia inspirierten uns, auch elektronische Elemente zu verwenden.“
Euer Stil ist geprägt von harten Death-Metal-Riffs, die durch klassische und elektronische Parts sowie vom melodisch-düsteren Gesang von Loreley von Rhein ergänzt werden. Wer ist bei euch der kreative Kopf?
Anagnorisis: „Am Anfang haben E. Konny und ich die Songs zusammen geschrieben, später übernahm ich das Komponieren vollständig, wohingegen E. Konny sich um die Texte kümmerte. Nach seinem Ausstieg übernahmen Loreley und ich auch die Lyrics. Die Songfertigung erfolgt meistens etwa so: Ich mache eine Demo-Aufnahme von allen Instrumenten und zeige sie der Band. Danach können andere Mitglieder ihre Ideen dazu vorschlagen. Am Ende wird dann die Gesangslinie (meistens von Loreley) geschrieben und ein neuer Text verfasst oder ein bereits vorhandener angepasst.“
Stichwort Konzept: Sariola stammt aus den finnischen Mythen der Kalevala. Wie kamt ihr auf diese Saga und was bedeutet sie euch?
Anagnorisis: „Sariola ist ein Reich im Norden, das von ewiger Dunkelheit und Kälte umgeben ist. Wir halten uns jedoch nur geringfügig an die Kalevala. Auf dem kommenden Album wird es auch Songs über Hexen und Sirenen, Winter und Eis geben. Auch persönliche Erfahrungen sind an einigen Stellen vorhanden. Nicht ganz offensichtlich, aber auch nicht zu sehr versteckt.“
Ihr verkörpert die Sage durch eure Kostüme auch auf der Bühne. Was zum einen dazu beiträgt, die Zuschauer in eure mystische Welt zu ziehen, zum anderen kann dies eventuell limitierend sein, wenn ihr über eure musikalische Weiterentwicklung nachdenkt. Haben Konzeptalben und die Fokussierung auf einen thematischen Schwerpunkt Nachteile oder gibt in eurem Fall der finnische Mythos so viel Stoff her, dass ihr da keine Schwierigkeiten seht?
Anagnorisis: „Wir begrenzen uns grundsätzlich nicht auf ein Konzept. Das kommende Album ist in dieser winterlichen, märchenhaften Stilistik und Atmosphäre gehalten, aber bei der nächsten Veröffentlichung kann sich alles ändern. Oder auch nicht. Wir haben viele interessante Ideen und wissen selber noch nicht, wie sich die nächste Platte anhören wird oder wie wir dann auf der Bühne aussehen werden. Auch Kombinationen aus verschiedenen Show-Elementen sind möglich. Wir werden unsere Zuschauer und Fans auf jeden Fall nicht langweilen!“
Ihr seid ja nun auch schon recht lang im Musikgeschäft. Wie empfindet ihr es, mit einer neuen Band wie Sariola zu starten? Sind die „neuen Medien“ wie Spotify, Youtube, iTunes etc. von Vorteil?
Anagnorisis: „Einerseits bieten Social Media und Streaming-Dienste die Möglichkeit, eigene Werke einer breiteren Masse vorstellen zu können. Das Problem hierbei ist, dass das so ziemlich jeder macht. Das Angebot ist demnach so breit, dass ein Künstler so gut wie keine Chancen hat, Fans zu gewinnen, ohne viel Promotion zu machen und vor allem auch live aktiv tätig zu sein. Die echte Welt da draußen ist immer noch wichtiger und größer als das Web. Es gibt genug Bands mit 200.000 und mehr Likes bei Facebook, die keine 20 Leute bei einer Veranstaltung zusammenkriegen. Bei der Analyse unserer Verkäufe stellten wir fest, dass die meisten Fans gar nicht unsere ‚Facebook-Fans’ sind. Man sollte meiner Meinung nach die ganzen Social-Media-Accounts haben und pflegen, aber nicht vergessen, dass sie nur eine Seite der Band-Promotion sind.“
Auch wenn ihr inzwischen schon Gigs mit Bands wie Ensiferum, SITD oder Imperia hattet, liegt die Vermutung nahe, dass es noch nicht reicht, um von der Musik leben zu können. Stört es euch, sich nicht ganz auf die Musik konzentrieren zu können oder ist die Band für euch im Moment eher ein Hobby?
Anagnorisis: „Die Band wird in der Tat gewerblich betrieben und wir arbeiten ständig und intensiv daran, diesen Betrieb zu entwickeln und profitabler zu machen. Wir sind alle selbständig und passen unser Leben Sariola an. Das funktioniert ganz gut, aber wir haben vor, Sariola zu unserer einzigen beruflichen Tätigkeit zu machen.“
Nachdem es in der Vergangenheit zu häufigen Besetzungsänderungen kam, scheint ihr jetzt fest eingeschworen zu sein. Wie sehen die Pläne für dieses Jahr aus?
Anagnorisis: „Line-up-Wechsel waren schon immer unser Fluch. Das erklärt auch, warum die ersten Jahre mit der Band nicht so viel lief wie seit ca. 2012. Mittlerweile bin ich das einzige Gründungsmitglied, aber das ist völlig okay. Sariola ist nun eine sehr gut eingespielte und ‚im Feld’ mehrfach geprüfte Mannschaft. Dieses Jahr werden noch einige Shows gespielt. Unter anderem spielen wir als Headliner auf dem neu gegründeten Rocken Rock- & Metal-Festival in Rodgau mit über 90 Bands. Auch ein neues Musikvideo ist für 2015 geplant. Ob wir 2015 wieder auf Tour gehen, ist noch nicht klar. Wir sind zur Zeit auf der Suche nach einer neuen Booking-Agentur.“
Im September 2014 kam die EP „From The Dismal Sariola“ raus, das letzte Album „Sphere Of Thousand Sunsets v2.0“ kam als remasterte Neuauflage 2012 in die Läden. Wann können die Fans mit einem neuen Album rechnen?
Anagnorisis: „‚The Sphere Of Thousand Sunsets v2.0’ ist nicht nur neu gemastert, sondern komplett neu aufgenommen und produziert. Das neue Album ist ab dem 24.07 weltweit digital und physisch verfügbar.“
Wie wird das neue Album heißen und gibt es Neuerungen im Vergleich zum Vorgänger?
Anagnorisis: „Das neue Album hat keinen Namen. Wir nennen es ‚The Frozen Album’ oder auch ‚The Ice Album’. Die neuen Songs sind in unserer bewährten Tradition gehalten: Eine Mischung aus extremen Black/Death-Metal-Riffs und Blastbeats mit dem cleanen Gesang Loreleys und melodischen, epischen Keys, Strings und Chören. Auch wie bei ‚Sphere Of Thousand Sunsets’ sind wieder klassische und elektronische Elemente enthalten. Dennoch ist ‚The Frozen Album’ eine deutliche Weiterentwicklung. Die Songs sind durchdachter, versierter und aussagekräftiger als beim Vorgänger. Man merkt auch, dass die Musik um einiges härter geworden ist. Die Produktion ist ebenfalls viel besser gelungen.“
Was gibt es darüber hinaus an Veränderungen?
Anagnorisis: „Wir sind seit der ersten Veröffentlichung wesentlich bessere Musiker und Songwriter geworden. Loreley hat für die Aufnahmen extra Gesangsunterricht bei einem Professor genommen. Wir wollten die Produktionsqualität auf dem höchstem Niveau halten, kontaktierten deswegen mehrere bekannte Produzenten. Nachdem uns aufgrund von Termin-Schwierigkeiten Peter Tägtgren (Hypocrisy, Immortal u.v.m.), Flemming Rasmussen (Metallica) und auch Fredrik Nordström (Dimmu Borgir, In Flames, Arch Enemy etc.) absagen mussten, konnten wir glücklicherweise Neil Haynes und Russ Russell (Napalm Death, Dimmu Borgir) anheuern. Mit beiden hatten wir schon für den Videodreh von ‚From The Dismal Sariaola’ zusammen gearbeitet. Für die Mixing-Sessions und Gitarrenaufnahmen bin ich nach England gefahren. Und das sogar zweimal, da die Gitarren anfangs nicht so waren, wie wir es uns wünschten. Für die Titel ‚Hexshadowed’ und ‚Siren In Seven Mirrors’ ist der Inhaber von LSD Studios, Lasse Lammert (Alestorm), in Lübeck verantwortlich. Alle Instrumente bis auf den Gesang nahmen wir bei ihm auf.“
Auf was können sich die Fans freuen, wenn sie euch nach Album-Release live sehen?
Anagnorisis: „Es wird viele interessante Goodies für die Fans geben. Die Bühnenshow gehört natürlich auch dazu. Unser Web-Fanclub wird neugestartet, wo es eine Menge an Insider/Behind-The-Scenes-Materialien geben wird. Besonders wichtig ist die Tatsache, dass das kommende Album über unser eigenes Label veröffentlicht wird, was sehr attraktive Preise für Fans weltweit ermöglicht.“
Gibt es einen großen Traum, den ihr euch gern als Band erfüllen würdet?
Anagnorisis: „Es macht uns sehr glücklich, Sariola zu sein und wir sind dafür dankbar, das tun zu können, was uns am Herzen liegt und dass es immer mehr Leute gibt, die unsere Musik mögen. Aus dieser Sicht erfüllt sich unser Traum jeden Tag.“
Carina Usko
www.sariola.de
8 August 2015 Bruno