Stumpff ist die Zukunft

Stumpff ist die Zukunft

Es war lange still um den den Titanen der frühen EBM Szene. Umso größer die Freude, als Tommi Stumpff, um den Vornamen geschrumpft, aber umso agiler auf die Festivalbühnen zurückkehrte, denen er vor fast zwei Jahrzehnten den Rücken gekehrt hatte. Mit im Gepäck: remastertes, giftgrünes Vinyl seiner ersten Veröffentlichungen und angeblich auch mit einem Haufen frischer, neuer Ideen.

Du bist nach einer sehr langen Abstinenz wieder zurückgekehrt und hast innerhalb kürzester Zeit Deine kompletten Stumpff Releases neu veröffentlicht, sogar auf Vinyl. Wie erklärst Du Dir die große Nachfrage? Besinnen sich die Leute auf „gute, alte Werte“?

Tommi Stumpff: Es fehlen noch zwei ganze Alben und etliche Maxis. Die werden aber nachgeliefert.
Der Erfolg kommt weil seit 1993 stetig neue Fans hinzugekommen sind und wir die Platten in hoher Qualität remastered und auf grün transparentem Vinyl herausgebracht haben.
Die Tatsache, dass die Platten auf dem Gebrauchtmarkt zum Teil lächerlich hohe Preise erzielten, gab für uns den Ausschlag die Wiederveröffentlichung selber in die Hand zu nehmen.
Ich glaube nicht, dass es „gute, alte Werte“ in der Musik gibt. Der unerträgliche Scheißdreck, der heutzutage die Charts vereinnahmt hat, den gab es schon immer. Wir machten damals Klang für einen Nischenmarkt und den machen wir auch heute. Wir erzeugen Musik, die ich mir selber auch anhören und kaufen würde.

Du gilst als einer der Pioniere des EBM, magst das Etikett bekanntermassen nicht so. Fühlst Du Dich dadurch begrenzt? Nimmst Du es Deinem Publikum übel, wenn sie in erster Linie gerne den alten Stumpff sehen?

Tommi Stumpff: Der Begriff “EBM” steht heutzutage für eine Stilrichtung, in der ich mich überhaupt nicht wiederfinde. Das ist eine ganz andere Welt. Ich fühle mich aber durch nichts begrenzt, weil ich mich nicht begrenzen lasse. Ich mache was ich will und brauche dafür von niemandem eine Erlaubnis.
Meinem Publikum nehme ich gar nichts übel. Warum auch? Und den alten Stumpff kann man immer noch live erleben, wir spielen alle alten Hits.

Du hattest innerhalb kurzer Zeit ein paar Lineupwechsel. Ist das Spielen bei Stumpff so anstrengend?

Tommi Stumpff: Anstrengend und gefährlich. Offensichtlich ist es ein harter Job, aber jetzt hoffen wir den richtigen dritten Mann gefunden zu haben. Es ist Sam H. Hunt, mit Kampfnamen „Sextoy Ramirez“. Der Kerl ist genauso wahnsinnig wie Rüdiger „Der Eisenmann“ Schuster und ich und teilt unsere antikommunistische Weltanschaung. Er spielt eine Bariton-Gitarre, die zusätzlich brutalen Druck erzeugt. Wir werden immer lauter!

Wie fühlst Du Dich in der Szene von heute? Gibt es neue Stilistiken, die Dich interessieren oder willst Du von alledem nichts wissen?

Tommi Stumpff: Die Szene von heute ist Gott sei Dank sehr heterogen und die Leute sehr tolerant.
Wir leben in einer Zeit, in der alle Stilrichtungen problemlos nebeneinander existieren können. Jede außer Phil Colins hat ihre Berechtigung. Das gefällt mir sehr gut. Wir holen uns die Inspiration quer durch die gesamte Musikgeschichte und zwar ohne jede Voreingenommenheit.

Du „rastest“ bisweilen ganz heftig auf Deinen Social Media Plattformen. Was macht Dich wütend? Kanalisierst Du das dann beim Musikmachen?

Tommi Stumpff: Man sollte dazu verstehen, dass ich ausschließlich reagiere. Ich fange niemals Streit an. Üblicherweise werde ich von Idioten provoziert, die meinen das Recht zu haben mich zu beleidigen.
Es ist unglaublich, wie sehr ich die Irren anziehe. Zwei Unverschämtheiten lasse ich durchgehen aber danach wische ich mit diesen Kretins den Boden. Das kommt dann fälschlicherweise als „Ausrasten“ rüber und ist doch nichts anderes als legitime Notwehr. Aber ich bin nicht wirklich wütend, das macht mir großen Spaß.
Auf meine Musik hat das keinen Einfluss. Solche Begebenheiten sind zu unbedeutend, um sie musikalisch zu verarbeiten. Das machen nur Rapper.
Man munkelt, Du würdest an neuen Tracks arbeiten. Kannst Du bereits etwas verraten? Wie klingt der neue Stumpff?

Tommi Stumpff: Tatsächlich sind wir zurzeit im Studio und arbeiten an neuen Songs. Es wird eine EP bestehend aus fünf Stücken mit dem Titel “Alles Idioten”. Dazu kommt noch eine Cover-Version von “Stranglehold” von Ted Nugent für den Download. Vom Stil her sind die neuen Stücke eher mit den ganz alten Sachen wie “Contergan Punk” oder “Seltsames Glück” zu vergleichen, die wir im übrigen auch live spielen. Nur noch härter, gnadenloser und fetter.

Gibt es bereits ein paar Tourdaten auf denen man den ein oder anderen Track hören kann?

Tommi Stumpff: Es gibt nicht viele Möglichkeiten STUMPFF live zu sehen. Der nächste bedeutendere Auftritt ist im September 2019 beim NCN Festival in Deutz. Danach folgt eine Tournee, bei der wir “Das Ich” supporten werden. Wir spielen die neuen Stücke und natürlich die alten Hits. Selbstverständich werden wir auch da wieder Schrecken und Zerstörung hinterlassen.

Früher warst Du auf der Bühne bekannt für das Monsterset aus Emulator 2 und DX7. Der letztere war ja auch der klassische EBM Synth für die tackernden Stumpff Bassläufe. Wie arbeitest Du heute?

Tommi Stumpff: Den DX7 habe ich, ehrlich gesagt, nur sehr selten für Bass-Läufe verwendet, der war eher für die schrillen Flächen oder Leads verantwortlich. Ich war nie old school sondern stets ein early adopter. Sobald was neues kam, habe ich den alten Schrott rausgeschmissen.
Heute mache ich, von der Klang-Kreation bis hin zum mastern, alles mit Software. Ich besitze keinen einzigen Hardware-Synthesizer mehr, die habe ich alle verschenkt, weggeschmissen oder vergessen abzuholen.
Stattdessen nutze ich ein Linux-System mit allen nötigen Programmen. Ein Windows-System wäre zwar vielfältiger aber Linux und Jack bieten mir mehr Kontrolle. Über Apple rede ich gar nicht. Das steht außer Diskussion. Damit kann ich nicht arbeiten. Mein neuer Lieblings-Synthesizer ist “Yoshimi”. Auch live verwenden wir Linux-Rechner.

Wichtiger Hinweis:
Wir fordern unser Publikum auf, als Zeichen der Solidarität zu STUMPFF, auf unseren Konzerten Hasenohren zu tragen!

Aktuelle Informationen über Releases, Besetzungen und Konzerttermine gibt es hier:
http://stumpff.net

Oder auf Facebook, hier:
https://www.facebook.com/Stumpff-867379723292588/

26 April 2019

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