Vlad In Tears – Freudentanz auf dem Dach
Bei den Dark-Rockern von Vlad In Tears drehte sich Anfang des Jahres das Besetzungskarussell – und das mitten in der Entstehungsphase des neuen selbstbetitelten vierten Albums der Wahl-Berliner. Doch nichts für ungut, denn mittlerweile ist das Werk fertig und Sänger Kris Vlad äußerst zufrieden mit dem Ergebnis: „Wir klingen nun so, als würden Korn und HIM zusammenspielen“, verspricht er.
Im kreativen Songwriting-Prozess erhielt der Frontmann reichlich Unterstützung von seinem Bruder Dario, der in der Band den Bass bedient. „Das ist bisher eine wunderbare Erfahrung“, berichtet Kris im Interview. „Aber ich hoffe, dass wir von jetzt an in der Band alle zusammenarbeiten.“ Dabei müssen er, Dario und Drummer Cosmo Cadar allerdings auf die beiden Gitarristen Salvo und Luca verzichten, die fortan lieber ihre eigenen Projekte in Angriff nehmen. Man trennte sich also von den beiden und holte Gregor Friday als neuen Mann an der Gitarre mit ins Vlady-Boot. „Das könnte nicht besser laufen“, zeigt sich Kris begeistert. „Wir sind total glücklich, ihn dabei zu haben, und er hat sich prima bei uns eingelebt. Ich kann es kaum erwarten, mit ihm an neuem Material zu arbeiten. Das wird interessant, aber auch spaßig!“ Am aktuellen Werk „Vlad In Tears“, das Ende August erscheint, werkelte Gregor aber auch schon erfolgreich mit. „Er war sehr hilfreich“, bestätigt der Bandkopf. „Er hatte einige coole Ideen und am Ende konnte unser Album einfach nicht besser klingen …“ Zu bemerken ist, dass sich der Vlady-Sound über die Jahre immer ein wenig gewandelt hat. Dabei bildete stets ein solider Rock-Sound die Basis, aber „mittlerweile klingen wir wirklich massiver und härter als je zuvor“, betont Kris. Doch noch immer würden die Songs von einer speziellen Atmosphäre leben, „die uns in eine dunkle und mystische Richtung führt. Wir klingen nun so, als würden Korn und HIM zusammenspielen“, lacht er.
Von Liebe, Hass und Sex
Auf einem Konzept basiert die neue Platte dabei nicht. Kris wollte lediglich etwas komplett anderes machen als sonst. „Ich wollte in den neuen Sound all meine bisherigen Erfahrungen aus dem Leben integrieren: Liebe, Hass, Streitereien, Verluste, Sex etc. Und da alle Lyrics echte Lebenserfahrungen aufgreifen, ist dies wohl unser ‚wahrstes‘ Album. Ich habe mich schon immer von meinen eigenen Lebenserfahrungen inspirieren lassen und glaube, dass die meisten Menschen meine Texte fühlen und verstehen können. Hin und wieder schreibe ich aber auch über das Leben anderer Menschen.“ Die Stadt Berlin, die Wahlheimat des ursprünglich aus Italien stammenden Musikers, dient allerdings (noch) wenig als Inspirationsquelle. Das werde wohl noch kommen, meint Kris. Jedenfalls fühle er sich wohl in der Stadt, alles würde seinen richtigen Weg nehmen und – abgesehen vom seltsamen Wetter dort – würde die Band viele coole Erfahrungen sammeln und neue Leute treffen. „Wir sind froh, hier zu sein”, betont er. Froh ist er auch, dass sich Vlad In Tears mittlerweile einen richtigen Namen erspielt haben und in der Musikszene wahrgenommen werden. „Viele Leute haben uns und unser neues Material auf dem Schirm. Ich vermute, das liegt nicht an den bisherigen Platten, sondern daran, dass wir viele Konzerte spielen und unsere Musik überall verbreiten“, überlegt der Sänger. „Eine Menge Leute teilen auch noch immer unsere alten Videos und Songs im Internet, da sie diese lieben. Das ist also das Geheimnis: Wir müssen einfach nur viel Werbung machen und ‚Vlads Welt‘ mehr und mehr verbreiten …“
Eine Frage des Geschmacks
In „Vlads Welt“ ist Musiker Kris der Mastermind, der alle Fäden in der Hand hält. Er schrieb nicht nur maßgeblich alle Songs der neuen Platte, sondern kümmerte sich auch um die Aufnahmen in seinem Studio in Italien. „Ich habe alles allein gemacht; mein Bruder Dario unterstützte mich lediglich bei ein paar Texten und im Mixing-Prozess“, so der charismatische Frontmann, der bei der Produktion auch mit einigen Problemen zu kämpfen hatte. „Es ist immer eine Herausforderung, ein neues Album so aufzunehmen, dass es gut, anders und besonders klingt. Man muss jedes kleinste Detail beachten und viel Zeit mit der Produktion verbringen, um eine Kreation mit höchster Qualität zu erschaffen. Wenn man genügend Inspiration besitzt und genau weiß, was man will, sollte es im Aufnahmeprozess aber grundsätzlich keine Probleme geben“, ist sich Kris sicher. Wenn es allerdings mal ein Kreativitätstief gibt, braucht der junge Musiker Zeit für sich allein. „Ich lese dann Bücher, schaue Filme oder mache ein paar – wie ich sie nenne – ‚spezielle‘ Spaziergänge …“ Hilfreich ist es aber auch, sofern man sich zeitweise mal im Kreis dreht und nicht mehr weiter weiß, einen Blick „von außen“ auf das eigene musikalische Werk werfen zu lassen. Das weiß Kris und lässt dies auch zu. „Ich kümmere mich um sämtliche Kritiken, aber ich glaube auch, dass letztlich alles eine Frage des Geschmacks ist. Wenn es um technische Dinge geht, beschäftige ich mich schon eher mit der Kritik.“
Schwitzen für die Fans
Einen Lieblingssong auf der neuen Platte hat der Sänger nicht. Er liebe und hasse die Songs alle zugleich, lacht er. Dennoch gelte es, einen Track gesondert hervorzuheben: „Feed On Me“. Dahinter verbirgt sich eine treibende Rocknummer, zu der kürzlich in Weimar ein Musikvideo gedreht wurde, an dem zahlreiche Freunde und Fans der Band mitwirkten. Kris verrät, wie der Dreh gelaufen ist: „Nun, es war eine lustige Idee, einige unserer größten Fans in den Videodreh zu involvieren. Dies entpuppte sich als eine superschöne Erfahrung, bei der wir jede Menge Spaß hatten! Im Video performt die Band vor einer ‚kannibalischen‘ Menge. Zu erleben gibt es eine coole Atmosphäre und eine Rockband, die für all ihre Lieben schwitzt. Der Song ist zudem eine ‚sexy, düstere Hymne‘, die so viel sagt wie: ‚Friss mich!‘“ Davon kann man sich auch überzeugen, sobald die neue Platte in den Läden steht. Kris hat noch keine Ahnung, wie er die Veröffentlichung feiern wird, aber er vermutet: „Einige von uns werden weinen, andere ganz viel trinken und wiederum andere werden nackt auf den Dächern tanzen, haha. Wir werden sehen.“
Lea Sommerhäuser
Bild: Ronny Zeisberg
www.vladintears.com
31 July 2014 Sascha Blach