Wisborg zelebrieren sinnlich den Untergang

Wisborg zelebrieren sinnlich den Untergang

Nach einem fulminanten Start mit der Singleauskopplung “I Believe In Nothing” melden sich Wisborg aus der Pandemie zurück und kredenzen ihr bis dato wohl dichtestes Werk, den furiosen, finalen Teil der Alben Trilogie zu Sex, Tod und Vampirismus. Wir durften bereits “Into the Void” lauschen, um unsere Fragen zu stellen und greifen somit dem zweiten Singlerelease “Oblivion” voraus, versprechen aber nicht zu Spoilern.

Jetzt im Rückblick: Was hat sich an der Trilogie anders gefügt, als ursprünglich gedacht? Gibt es einen klaren Erzählfaden?

Konstantin: Der rote Faden ist die thematische Auseinandersetzung mit Liebe, Sex und Rausch im Schatten von Tod und Vergänglichkeit. „Into The Void“ ist eine Zelebrierung irdischer Freuden und lässt die Trilogie nach dem finsteren Vorgänger „From The Cradle To The Coffin“ auf einer existenzialistischen, in der Tendenz etwas positiveren Note enden. „Eat, drink and be merry for tomorrow we die.“

Nikolas: Was für Songs wir schreiben haben wir uns immer offen gelassen, von daher mussten wir diesbezüglich keine Erwartungen revidieren. Wenn uns jemand vor 3 Jahren aber „Into The Void“ vorgespielt hätte, wären wir sicherlich schon überrascht gewesen.

Vampirismus, Erotik, Tod und Leben – Die Themen sind Von Oscar Wilde über Mary Shelley bis Bram Stoker romantisch und existentialistisch zugleich. Fühlt ihr euch als Rockband in diesem Erzählgewand wohl? Welche Bezüge findet man zur aktuellen Pandemie?

Konstantin: Das Songwriting war abgeschlossen, bevor Corona anfing zu wüten. Dementsprechend hat das Virus auf der Platte keine Spuren hinterlassen, ganz im Gegensatz zu allen anderen Bereichen unseres Lebens. Der Track „Vampyre“ auf den du dich beziehst hat mit Vampirismus eigentlich gar nichts zu tun. Er ist eine Hommage an die großen Gothic-Bands der Neunziger, klingt nach einer Symbiose aus Paralysed Age und Type O Negative und ist absichtlich überzeichnet. Das Vampir-Motiv ist eine plumpe Sexualmetapher in der Tradition von „Wolf Moon“. Existenzialistisch ist das Album in jedem Falle, als romantisch würde ich es nicht unbedingt beschreiben.

Ihr seid von Album zu Album rockiger geworden. Fehlt Euch die Arbeit mit Euren früheren Metalprojekten?

Konstantin: Die Frage stellt sich nicht, weil wir uns bei WISBORG künstlerisch nicht von irgendwelchen Genre-Zuschreibungen einschränken lassen. „Anything goes“ – das war von Anfang an so und auf „Into The Void“ haben wir diese Freiheit, die wir uns selbst geben, schlicht vollumfänglich ausgeschöpft.

Das Artwork ist ein wunderschöner Triptychon. Werdet ihr diese Linie in der Zukunft verlassen?

Konstantin: Das wird die Zukunft zeigen.

Wird sich Wisborg jetzt neu erfinden oder den Themen Tod und Erotik treu bleiben?

Konstantin: Auch das steht in den Sternen.

Wie geht es mit dem Soloprojekt von Konstantin weiter? Was hat Nick geplant? Solos anywhere?

Konstantin: Es nervt mich immer, wenn Leute irgendwas groß ankündigen und dann nicht liefern. Aus diesem Grund gehe ich den entgegengesetzten Weg und spreche erst über etwaige Projekte, wenn ich etwas vorzuweisen habe.

Nikolas: Genau das. Ich für meinen Teil kann entsprechend spoilern, dass noch nichts konkretes dergleichen geplant ist. WISBORG gibt mir genug Möglichkeiten und Freiraum, mich kreativ auszuleben.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Dani Divine und dem fantastischen Saxophon Solo auf Oblivion?

Konstantin: Ich kenne Dani von Partys über gemeinsame Freunde. „L’Amour Fait Mal“ ist ein sexy Song, für den wir eine sexy Stimme brauchten – da lag es nahe, mal bei ihr anzuklopfen. Im Endeffekt gefiel ihr der Song so gut, dass sie sogar noch eigene Ideen mit einbrachte.

Bei „Oblivion“ fehlte uns auf der Demo einfach noch das gewisse Etwas. Wir dachten erst an ein Gitarrensolo, im Endeffekt erschien uns ein Saxofonsolo jedoch deutlich spannender. Mit Jørgen Munkeby stehe ich schon länger über Facebook in Kontakt, er kannte ein paar unserer älteren Sachen und war sofort Feuer und Flamme. Zur Zusammenarbeit kann ich nur sagen, dass der Mann unheimlich begabt und professionell ist. Die erste Fassung, die er uns schickte, landete direkt auf dem Album. Um die Zusammenarbeit komplett zu machen sang er außerdem noch ein paar Vocals ein. Tatsächlich hat er sogar das letzte Wort auf dem Album und beschließt damit auch unsere Trilogie – eine exponierte Stellung für einen fantastischen Künstler! Wer nicht mit seiner Band Shining vertraut ist, sollte sich unbedingt das „Blackjazz“-Album zu Gemüte führen!

Wie sehr sorgt Euch die Zukunft der Liveszene nach Corona? Was wird sich verändern?

Konstantin: Ich fürchte, dass vor allem viele kleinere Clubs die Pandemie nicht überstehen werden. Besonders in großen Städten war alternatives Nachtleben ja vorher schon massiv von Gentrifizierung bedroht, und wenn ein Club erst zu ist, bleibt er auch zu. Es ist an uns, unseren Lieblingsläden unter die Arme zu greifen und Szene-Rückzugsorte für die Zukunft zu erhalten.

Nikolas: Ich denke in den Leuten wird sich eine starke Sehnsucht nach Konzerten und Partys aufgestaut haben, von daher wird sich der Blick auf Veranstaltungen vielleicht auch ändern und die Kultur mehr Aufmerksamkeit bekommen. Wenn dann die Nachfrage nach Clubs groß ist entsteht vielleicht auch wieder ein breiteres Angebot.

 

Erzählt doch, wie sich die Dreharbeiten zum Video der ersten ausgekoppelten Single gestaltet haben?

Konstantin: Wir haben das Video zu „I Believe In Nothing“ im Orwohaus Berlin gedreht. Die Neonkreuze habe ich selbst gebaut, das war mein kleines Projekt zu Beginn der Pandemie, als so ziemlich alles außer den Baumärkten geschlossen hatte. Der Dreh war unsere erste Zusammenarbeit mit Vincent Grundke aka Vollvincent und wir harmonierten auf Anhieb so gut, dass wir uns entschlossen, auch das Musikvideo zu „Fall From Grace“ mit ihm zu drehen. Es schlägt in eine gänzlich andere visuelle Kerbe – seid gespannt! In beiden Musikvideos tritt außerdem unser Live-Schlagzeuger Luc Lacroix in Erscheinung. Er begleitet uns nun schon seit 2019 auf der Bühne und hat sich direkt wunderbar ins Bandgefüge eingegliedert – eine echte Bereicherung!

Nikolas: Das Hauptthema mit den Neonkreuzen stand schon von Anfang an fest, einiges ist dann noch spontan entstanden. Das Setting hatte schon eine besondere Stimmung, die dann auch beim Spielen des neuen Songs spürbar war. Vom Spaßfaktor her war es für mich wohl der bisher beste Dreh, was natürlich auch an Vincent und Luc lag. Vince hat großartige Ideen mit eingebracht und wusste genau, wie er uns am besten einfängt.

 

8 February 2021

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