Year Of The Goat – „Es gibt keine Blutfontänen“
Als Support auf der Co-Headlining-Tour von Draconian und Omnium Gatherum fielen die Schweden Year Of The Goat mit ihrem 60er/70er-Jahre-gefärbten Occult-Rock ein wenig aus der Reihe – und dennoch kamen sie beim Publikum sehr gut an. So auch am letzten Tourtag in Oberhausen, wo wir einen Großteil der Band – Sänger und Gitarrist Thomas, Mellotron-Mann Pope, Drummer Fredrik und Gitarrist Marcus – kurz vor Showbeginn zu einem amüsanten Interview trafen.
NEGAtief: Der letzte Tag der Europa-Tournee mit Draconian, Omnium Gatherum und Oceanwake in angebrochen. Habt ihr die zehn Tage bisher genossen?
Thomas: Abgesehen davon, dass hier eine Lebensmittelvergiftung oder Magen-Darm-Grippe ihr Unwesen trieb, war es ziemlich gut. Mich hat’s für einen Tag komplett umgehauen, so dass wir die Show in Budapest absagen mussten. Ich hatte hohes Fieber…
NEGAtief: Ich hoffe, dir geht es aber wieder besser…
Thomas: Ja, ich fühle mich nun schon viel besser.
NEGAtief: Wie erging es den anderen?
Fredrik: Nun, unser Bassist Tobias hat noch ein paar Probleme aufgrund der Lebensmittelvergiftung oder was auch immer es war. Er fühlt sich momentan also nicht so toll. Dafür geht es Marcus wieder besser… Ich bin der Glückliche, den es bisher gar nicht erwischt hat. Das kommt dann wohl erst, wenn ich wieder daheim bin.
NEGAtief: Seid ihr alle froh oder traurig, dass die Tour heute endet?
Thomas: Beides zu 50 Prozent. [lacht]
Pope: Tim Buckley, Jeff Buckleys Vater, hat ein Album namens „Happy Sad“ veröffentlicht. Das fasst alles zusammen. [lacht]
NEGAtief: Ihr habt also gemischte Gefühle?
Fredrik: Ja, es ist schön, wieder nach Hause zu kommen, aber es macht auch Spaß, live zu spielen. Die Kehrseite einer Tour ist, dass man nur in Hotelzimmern wohnt und beschissenes Essen zu sich nimmt. Man hat keine Zeit für sich allein. Und das kann schon echt hart sein. Doch es macht immer Spaß, live zu spielen. Und es ist stets schön, daheim zu sein.
NEGAtief: Ihr übernachtet also im Hotel, während die Headliner im Tourbus schlafen?
Fredrik: Ja, Draconian und Omnium Gatherum sind im Tourbus. Wir übernachten in kleineren Hotels…
Pope: …was aber ohnehin besser ist, wenn man sich nicht gut fühlt: einfach in einem komfortablen Hotelzimmer liegen anstatt im Bus, wo alle anderen kotzen, kacken…
NEGAtief: …und schnarchen…
Thomas: Nun, davor können wir nicht flüchten. [lacht]
NEGAtief: Was waren eure bisherigen Highlights dieser Tour?
Pope: Gestern in München war es wirklich nett. Und das ist alles, an was wir uns erinnern. [Gelächter] Ich glaube, in Bratislava war es auch toll. Es kamen ein paar sehr engagierte Leute vorbei. Da war zum Beispiel ein Mädchen, das fünf Stunden gefahren ist, nur um uns zu sehen. Da fühlt man sich direkt schlecht, wenn man dann nur 40 Minuten auf der Bühne steht. Und in Berlin ist ein Fan von Potsdam aus im Regen bis in den Osten von Berlin geradelt. Es gab also einige Vorkommnisse, für die sich der ganze Aufwand gelohnt hat.
NEGAtief: Da hier zwei schwedische und zwei finnische Bands zusammen touren, wird jede Nacht viel gefeiert und getrunken?
Pope: Da ist eher Melancholie im Raum und die Leute trinken im Stillen, schweigen sich an, spielen mit Messern und all so ein Zeug… [Gelächter]
NEGAtief: Was macht ihr während der Reisezeit zwischen den Locations?
Marcus: Schlafen, lessen, Filme schauen…
Fredrik: Ich fahre normalerweise.
NEGAtief: Oh, du bist der Fahrer? Du kannst also nie trinken?
Fredrik: Ich kann ein bisschen was trinken, aber nicht zu viel. Nun ja, eigentlich fahre ich sogar am besten, wenn ich betrunken bin. [Gelächter] Nein, nein… Doch oft versucht man einfach nur zu entspannen, denn wenn man am Club eintrifft, ist das in der Regel nicht möglich. Überall sind Leute und man muss sich mit ihnen befassen. Wenn man also im Bus ist, kann man sich ein wenig auf sich selbst konzentrieren und das tun, was man will: schlafen, Musik hören, Filme schauen, lesen…
NEGAtief: Was ist mit Sightseeing? Interessiert euch das?
Pope: Wenn wir Zeit haben, machen wir das gerne. Doch oft muss man priorisieren zwischen Schlaf und frühem Aufstehen, um sich ein paar Dinge anzusehen. Normalerweise gibt’s nur kurze und schnelle Stopps.
NEGAtief: Und Oberhausen ist vielleicht auch nicht die schönste Stadt…
Pope: Wir sind bereits das dritte Mal in Oberhausen. Bisher war es immer gut. Doch wir haben uns nicht wirklich was angeschaut. [lacht]
Fredrik: Wir waren in einem Einkaufszentrum…
Pope: Ja, wir waren in diesem Einkaufszentrum und ich habe mir Schuhe gekauft. [Gelächter] Das war 2013.
Fredrik: Das Einkaufszentrum war ziemlich groß.
NEGAtief: Ihr meint sicher das Centro hier in Oberhausen.
Marcus: Es war auf jeden Fall mal etwas anderes, als an einer Tankstelle einkaufen zu gehen. [Gelächter]
Pope: Ja, an Tankstellen bekommt man nicht so wirklich Klamotten.
NEGAtief: Werdet ihr euch heute Abend gegenseitig auf der Bühne Streiche spielen, da es die letzte Show ist?
Fredrik: Ich weiß nicht, ob irgendwas geplant ist. Vielleicht spielen uns die anderen Bands ein paar Streiche. [lacht] Erst gestern noch sprach ich mit Tobias darüber, ob wir was unternehmen sollten, doch am Ende haben wir nichts geplant.
Thomas: Die Grippe war schon ein Streich genug für uns. [lacht]
NEGAtief: Habt ihr auf Tour grundsätzlich Zeit, neues Material zu schreiben?
Pope: Vielleicht im Kopf. Wenn man stundenlang auf der Straße ist, denkt man über Dinge nach und manche bleiben einfach hängen und du kreierst dann was daraus.
NEGAtief: Wer von euch fängt in der Regel mit einem neuen Song an?
Thomas: Das bin ich. Normalerweise kreiere ich das Grundgerüst eines Songs, schreibe ein paar Riffs… Und wenn ich mir sicher bin, dass der Song was kann, nehme ich ihn mit zu den Proben und die anderen Jungs packen ihre eigene Würze hinzu. Am Ende landet alles in der Goldmaschine.
NEGAtief: Ist Year Of The Goat eine demokratische Band?
Thomas: Frag nicht mich. [Gelächter]
Pope: Eine gute Idee ist normalerweise eine gute Idee. Und wenn wir mit etwas doch unglücklich sind, versuchen wir es einfach „zu reparieren“.
Fredrik: In der Regel versuchen wir es erst einmal, ehe wir nein sagen.
NEGAtief: Was sind eure Inspirationsquellen?
Thomas: Normalerweise alles, was mir in den Sinn kommt… Inspiration für mich ist Musik, die mich anspricht. Hauptsächlich höre ich Bands der 60er und 70er, meist progressiven Kram, aber auch neueren Stoff. Allerdings nicht so viel Metal. Mehr Pop-Musik.
NEGAtief: Wie bereitet ihr euch auf eine Show vor? Gibt es bestimmte Rituale?
Thomas: Ich versuche mich einfach nur zu fokussieren, in mein inneres Selbst zu gelangen.
Pope: Auf einer Tour wie dieser mit vier Bands sind die Umbauzeiten recht kurz, es bleibt also nicht viel Zeit – vielleicht nur die ersten paar Minuten, ehe es los geht, kannst du in dich gehen.
NEGAtief: Was können wir von eurer heutigen Show erwarten?
Thomas: Eine Bühne voller Leute. [lacht] Nein, eigentlich sind wir ziemlich…Ich weiß nicht…
Pope: Wir spielen ziemlich geradlinigen Rock. Es gibt keine Masken, keine Blutfontänen, keine Sünden. [Gelächter]
NEGAtief: Jetzt bin ich aber enttäuscht… [lacht]
Pope: Noch nicht einmal Tierkörperteile – nichts von all dem. Einfach nur ein Haufen verschwitzter Jungs.
Fredrik: Die Musik spricht für sich selbst. Wir sind nicht die Art von Live-Band, die herumrennt, überall hinspringt und schreit. Wir versuchen uns auf die Musik zu konzentrieren…und das scheint zu funktionieren.
Thomas: Außerdem ist die Bühne hier sehr klein. Wir werden unser Bestes geben. Doch es ist hart, sich dort zu bewegen, ohne jemand anderes umzurennen.
NEGAtief: Was werdet ihr als erstes tun, wenn ihr wieder daheim seid?
Thomas: Schlafen, dann arbeiten.
Pope: Ich habe keine Ahnung. Vielleicht muss ich etwas aufräumen.
Fredrik: Die Wäsche machen und so… [Gelächter]
Interview & Fotos: Lea Sommerhäuser
10 March 2016 Dark Aurora